Ein neues Kapitel beginnt für die denkmalgeschützte Villa Hirsch in der Wielandstraße 27 im Nürnberger Stadtteil St. Johannis: Nach Jahren des Leerstands wird das historische Gebäude in einen viergruppigen Kinderhort umgewandelt. Nach Abschluss der denkmalgerechten Sanierung wird in der Villa Hirsch der Hortbetrieb durch den Träger Kinderhaus Nürnberg gGmbH geführt.

In Kürze beginnen die Umbaumaßnahmen, bei denen sensibel mit der historischen Substanz umgegangen wird: Die charakteristische Fassade, historische Einbauten sowie Fenster-, Tür- und Wandgestaltungselemente werden denkmalgerecht saniert und zugleich an die Anforderungen eines modernen Bildungs- und Betreuungsbetriebs angepasst. Umgesetzt wird dies durch den Bauprojektentwickler Aventin Real Estate GmbH mit Sitz in München. Im Herbst 2026 soll dann der Hortbetrieb für insgesamt 108 Kinder aufgenommen werden.
Die geschätzten Baukosten belaufen sich auf etwa 4,2 Millionen Euro. Davon tragen die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern 3,7 Millionen Euro. Besonders erfreulich: Die Stadt Nürnberg profitiert bei diesem Kinderhort von einer Zuwendung aus dem Landesförderprogramm Ganztagsausbau in Höhe von 600 000 Euro. „Die Investitionen in Bildung und Betreuung haben in Nürnberg höchste Priorität, die finanziellen Belastungen des Ganztagsausbaus bringen uns aber an unsere Grenzen. Ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung durch Land und Bund könnten wir bei der angespannten Haushaltslage in Nürnberg den weiteren Platzausbau nicht wie geplant vorantreiben. Daher sind wir sehr froh, an diesem Standort vom Landesförderprogramm profitieren zu können“, so Oberbürgermeister Marcus König.
Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales, ist begeistert, dass es jetzt endlich losgeht: „Der Kinderhort in der Villa Hirsch wird ein wichtiges Bildungs- und Betreuungsangebot für unsere Kinder und Familien in der Nordstadt. Der Bedarf in diesem Stadtteil ist sehr groß, zumal ab 2026 die stufenweise Einführung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung für Kinder in Horten oder Ganztagsgrundschulen in Kraft tritt.“
Die Immobilie in St. Johannis blickt auf eine lange und außerordentlich spannende Historie zurück. 1912/1913 erbaut, wurde sie von ihrem Eigentümer, dem jüdischen Fabrikanten Angelo Hirsch, nur wenige Jahre genutzt. Angelo Hirsch baute sich und seiner fünfköpfigen Familie mit der Villa einen Familiensitz, den er jedoch nur wenige Jahre selbst nutzte, bevor er 1919 mit seiner Familie nach Amerika auswanderte. Im Zweiten Weltkrieg okkupierte das NS-Regime das Gebäude, kurz nach dem Ende des Krieges nutzte die US-Armee die Räume, ehe dann für viele Jahrzehnte der Bundesnachrichtendienst (BND) eine sogenannte „Hauptstelle für Befragungswesen“ einrichtete. Nun werden in diese Räumlichkeiten wieder Kinder einziehen, die die Geschichte der „Villa Hirsch“ in ganz besonderer Art und Weise fortschreiben.
„Die Revitalisierung der Villa Hirsch ist ein Projekt mit Strahlkraft und einzigartig innerhalb der Stadtgesellschaft. Sie vereint den Erhalt eines bedeutenden Baudenkmals mit der Schaffung dringend benötigter Bildungs- und Betreuungsangebote. Familien im Stadtteil St. Johannis und darüber hinaus profitieren von einer hochwertigen Einrichtung und Kinder erleben einen besonderen Lern- und Lebensraum – wo Geschichte Zukunft trifft“, so Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich.
„Die Umgestaltung der Villa Hirsch zeigt, dass sich historische Bausubstanz und zeitgemäße Nutzung miteinander verbinden lassen“, erklärt Dr. Kilian Kasperek, Geschäftsführer von Aventin Real Estate. „Wir freuen uns besonders über die konstruktive und engagierte Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie der Bauordnungsbehörde der Stadt Nürnberg. Diese partnerschaftliche Abstimmung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir dieses Projekt in hoher Qualität und mit klarem sozialem Mehrwert umsetzen können.“
Auch der intensive Austausch mit der unteren Denkmalschutzbehörde war für die erfolgreiche Planung von zentraler Bedeutung. „Wir sind dankbar für den fachlichen Dialog und die Bereitschaft, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die sowohl den Anforderungen des Denkmalschutzes als auch den funktionalen Notwendigkeiten eines Kinderhortes gerecht werden“, so Dr. Kilian Kasperek.
Zusätzlich zum Hort wird der Träger die Räumlichkeiten im Dachgeschoss für Beratungsräume für seinen „Familienservice Nürnberg“ nutzen. Dadurch können alle vier Etagen des Gebäudes vollumfänglich genutzt werden.
Stefan Dürr, stellvertretender Geschäftsführer der Kinderhaus Nürnberg gGmbH, freut sich über den Zuschlag für dieses Leuchtturmprojekt in einem besonderen Umfeld. Neben den pädagogischen Schwerpunkten eines Hortes wie Mittagsverpflegung, Hausaufgabenbetreuung sowie einem umfangreichen freizeitpädagogischen Angebot, soll auch der historische Kontext des Gebäudes thematisiert werden: „Wir wollen“, so Stefan Dürr, „in der täglichen pädagogischen Arbeit den Hortkindern die spannende Geschichte und Vergangenheit der Villa näherbringen“. Dies wird, so Dürr weiter, „ein wichtiger Aspekt und zugleich Alleinstellungsmerkmal des Hortes sein“ und solle sich auch in der Gestaltung der Räumlichkeiten widerspiegeln.
Die Revitalisierung der Villa Hirsch ist ein Projekt mit Strahlkraft und einzigartig innerhalb der Stadtgemeinschaft. Sie vereint den Erhalt eines bedeutenden Nürnberger Baudenkmals mit der Schaffung dringend benötigter Bildungs- und Betreuungsangebote. Familien im Stadtteil St. Johannis und darüber hinaus profitieren von einer hochwertigen Einrichtung und Kinder erleben einen besonderen Lern- und Lebensraum – wo Geschichte Zukunft trifft. let