Handwerk trotz den Krisen

Man denkt immer: Erst die eine Krise hinter sich bringen, dann kann die nächste kommen. Doch mittlerweile häufen sie sich, die Krisen. -Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Coronakrise, Ukrainekrise bzw. -krieg – und über allem: die Klimakrise. Wie will man da als normaler Handwerker noch seinem Geschäft nachgehen? Gerade in der Bau- und Ausbaubranche bewirkt der anlaufende Strukturumbau eine wahre Flut an Aufträgen. Benzinpreise und Heizkosten beschleunigen den Umstieg auf nachhaltige Energien bzw. Elektromobilität. Das Eigenheim – kürzlich noch in Verruf geraten als Symbol für flächenfressenden Egoismus – erfreut sich trotz allem nach wie vor großer Beliebtheit. Arbeit wäre also genug da.  

Wie also blickt das Handwerk angesichts sich überlappender Krisen auf die aktuelle Lage?
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat im März zwei Umfragen gestartet, um das herauszufinden. Thema der einen Umfrage war die Situation in der weiterlaufenden Coronapandemie, Thema der anderen die Auswirkungen des Ukrainekriegs. 

Nach Einschätzung der Befragten ist in etwa jeder dritte Handwerksbetrieb (35 Prozent) durch den Ukrainekrieg und/oder die Sanktionen gegen Russland in seiner Geschäftsausübung behindert. Hauptursache für die Störungen des Geschäftsbetriebs ist dabei die Verschärfung der Lieferengpässe durch den Ausfall der Ukraine als Lieferant und die Sanktionen gegen Russland (81 Prozent). Jeweils etwa ein Viertel der Befragten sieht zudem den Wegfall des Exportgeschäfts nach Russland und/oder in die Ukraine als Ursache bzw. eine sinkende Nachfrage anderer Unternehmen, die von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs betroffen sind. Im Zuge der Verschärfung der Lieferengpässe werden insbesondere Preise und Verfügbarkeit von fossilen Energieträgern (67 Prozent), von Holz und Metallen (je 49 Prozent) und Agrarrohstoffen (44 Prozent) als problematisch angesehen. Weniger kritisch eingeschätzt wird die Verfügbarkeit von Elektronikkomponenten sowie von Dämm- und Kunststoffen. 

Thomas Pirner, Präsident der Handwerkskammer für Mittelfranken, führt aber aus: „Jenseits aller betriebswirtschaftlicher Bedenken beschäftigt das Handwerk im Moment aber auch die eine Frage: Wie kann ich helfen?
Die Initiativen im Handwerk reichen dabei von der Aufnahme und der Bereitstellung von Unterkünften für Flüchtlinge bis zur Organisation und Bereitstellung von Hilfslieferungen, Sach- und Geldspenden, Lebensmitteln und Medikamenten. Zudem gibt es erste Initiativen zur Beschäftigung geflüchteter Menschen.“ Prof. Dr. Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, zitiert ebenfalls die Ergebnisse der Umfrage: „Die Bereitschaft der Handwerksbetriebe, Geflüchteten aus der Ukraine eine Beschäftigungs- oder Ausbildungschance zu ermöglichen, ist überwältigend: 94 Prozent der Befragten schätzen diese als hoch ein.“

Und das, obwohl auch die erneute Welle der Pandemie nicht spurlos an den Betrieben vorübergeht. Gegenüber den Sommermonaten sind beispielsweise wieder deutlich mehr Betriebe von Umsatzeinbußen und rückläufigen Auftragsbeständen betroffen. Sprunghaft angestiegen sind die Corona–bedingten Personalausfälle, die durch die hochinfektiöse Omikron-Variante des Virus auf dem höchsten Wert seit Beginn der Pandemie liegen. Auf die ab März geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht sind die Betriebe und Mitarbeiter aber insgesamt gut vorbereitet. Mit mehr als 70 Prozent geboosterten Personen in den Belegschaften liegt dieser Anteil deutlich über dem der Gesamtbevölkerung. „Um also auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Wie soll man in solchen Zeiten noch seinem Handwerk nachgehen? Nun. Indem man sich, so gut es geht, vorbereitet und bestmöglich auf die Herausforderungen der Zeit reagiert“, sagt Prof. Dr. Elmar -Forster. Und Thomas Pirner ergänzt: „Das Handwerk hat hier einen Vorteil: Während die deutsche Wirtschaft als Gesamtkonstrukt wie ein schwerfälliger Tanker auf See agiert, können unsere kleinen und mittleren, oft familiengeführten Unternehmen schnell und wendig manövrieren. Wird der Verbrenner abgeschafft, repariert man eben E-Autos. Als hochqualifizierte Fachkraft wird man immer gebraucht.“ 

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