Fehlender Absatz, drohender Personalabbau: Der Druck auf die deutsche Automobilindustrie wächst. Das trifft Autobauer wie Zulieferer. Rund 500 kleine und mittlere Automobil-Zulieferer sind in der Metropolregion Nürnberg ansässig. Besonders im Raum Coburg ist die Branche stark vertreten, in den Zukunftsfeldern Elektrifizierung, Vernetzung oder Automatisierung aber gut aufgestellt. Wie können die örtlichen Unternehmen den bislang größten Wandel der Branchengeschichte meistern?
Am 2. April 2025 befasst sich die „Zukunftswerkstatt Automotive Metropolregion Nürnberg“ im Kongresshaus Rosengarten in Coburg mit den Herausforderungen der Zulieferbranche. Es ist bereits der dritte große Branchentreff des Projekts transform_EMN, bei dem Unternehmer:innen gemeinsam mit Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung über den Wandel der Automobil-Zulieferindustrie diskutieren und Lösungen für zukunftsfähiges Handels aufgezeigt werden.
Automobile Transformation bietet hohes Potenzial für Raum Coburg
Im Kongresshaus Rosengarten trafen sich die Organisatoren vom Projekt transform_EMN nun zur Vorbereitung des Branchentreffs mit Coburger Vertreter:innen des Netzwerks. Die Automotive- und Maschinenbaubranche hat besonders für den Wirtschaftsstandort Coburg eine hohe Bedeutung. „Mit einem Anteil von gut 10 Prozent der Beschäftigten in der Automobilwirtschaft liegen wir in Deutschland im oberen Drittel. Gleichzeitig befindet sich der Raum Coburg in den automobilen Chancenfeldern – also Elektrifizierung, Vernetzung oder Automatisierung – unter den Top-Regionen. Die Transformation bietet also hohes Potenzial für unsere Region, das es zu nutzen gilt. Die Zukunftswerkstatt Automotive bietet die optimale Gelegenheit, die relevanten Akteure miteinander zu vernetzen“, so Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig.
Genau das ist für Peter Reiß, Ratsvorsitzender der Metropolregion Nürnberg und Oberbürgermeister der Stadt Schwabach, eine der großen Stärken der Veranstaltung: „Für uns geht es um die Zukunft der Beschäftigung der Menschen in der Region. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben das Projekt transform_EMN und die Zukunftswerkstatt Automotive gezeigt, wie wichtig Vernetzung, Wissenstransfer und Kooperation für das gemeinsame Meistern der Transformation sind. Die IHK Nürnberg für Mittelfranken hat hierfür federführend ein Zielbild für die regionale Autozulieferbranche erarbeitet. Im Zuge der Fortführung des Projekts trans-form_EMN wollen wir uns aktiv dafür einsetzen, dass dessen Umsetzung gelingt.“
Unternehmen streben Erschließung neuer Geschäftsfelder an
Die Dietz GmbH in Neustadt bei Coburg ist ein Beispiel dafür, wie die Branche die Transformation erfolgreich angehen kann: „Wir spüren Kostendruck und Veränderungen im Automotive-Geschäft schon seit vielen Jahren und haben entsprechend die Erschließung neuer Märkte aktiv vorangetrieben“, sagt Geschäftsführer Matthias Dietz. Die Präzisionsfedern, Stanz-Biegeteile und hybriden Baugruppen des Unternehmens sind mittlerweile nicht mehr nur in Fahrzeugen, sondern auch beispielsweise in OP-Robotern oder Haushaltsgeräten zu finden. „So konnten wir unseren Automotive-Anteil von ursprünglich 75 auf aktuell unter 50 Prozent senken. Geholfen haben uns hierbei unter anderem regionale Netzwerke für Unternehmen, damit die Erschlie-ßung neuer Geschäftsfelder gelingt“, so Dietz.
Mögliche Wege in eine erfolgreiche Zukunft zeigen außerdem die wissenschaftlichen Partner des Projekts transform_EMN auf: Der Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAPS) bringt kleinen und mittleren Unternehmen Möglichkeiten der transformationsgerechten Produktion näher, während das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) strategische Arbeitsgruppen zum Thema Fahrzeugelektrifizierung anbietet.
Unterstützung erfährt die Zukunftswerkstatt Automotive diesmal außerdem von der Hochschule Coburg. Prof. Dr. Felix Weispfenning, Vizepräsident der Hochschule Coburg, betont: „Die Hochschule Coburg ist bereits lange und eng mit der regionalen Automotive-Branche verzahnt, profitiert von Impulsen aus der Praxis und orientiert sich an regionalen Bedarfen in der Zulieferindustrie. Eine ländlich strukturierte Region wie der Raum Coburg kommt um Vernetzung nicht herum, weshalb wir uns sehr freuen, dass die Zukunftswerkstatt Automotive im April kommenden Jahres Technologie- und Wissenstransfer in der Region gemeinsam mit vorantreibt und die Branche und Wissenschaft vor Ort zusammenbringt.“
Warnung vor „überstürztem Personalabbau“
Besonders wichtig ist dem Projekt transform_EMN, dass die Perspektive der Beschäftigten im Zuge der Transformation nicht zu kurz kommt. Diese vertritt im Projekt das gewerkschaftsnahe IMU Institut. Vor dem Hintergrund der aktuellen Hiobsbotschaften, auch von großen, namhaften Unternehmen, nimmt die IG Metall bei den Beschäftigten der Automobil-Zulieferindustrie eine große Verunsicherung wahr: „Ganz besonders angesichts des Fachkräftemangels können wir in der aktuellen Krise in der Autozulieferbranche nur vor überstürztem Personalabbau warnen und rufen Unternehmen in der Region dazu auf, andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung zu prüfen. Andernfalls wird es später in konjunkturell besseren Zeiten extrem schwierig werden, qualifiziertes Personal zu finden“, sagt Nicole Ehrsam, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Coburg.
Um die Perspektiven zu vereinen, hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken die Erarbeitung eines Zielbildes der regionalen Automotive-Branche koordiniert, das auf der Veranstaltung im April vorgestellt wird. Daran beteiligt sind auch die beiden Schwesterkammern, die IHK für Oberfranken Bayreuth und die IHK zu Coburg. Geplant sind bei der Zukunftswerkstatt Automotive zudem Keynotes, Workshops der Projektpartner und Vernetzungsmöglichkeiten. Das Veranstaltungsprogramm erscheint im Dezember 2024, ab dann wird auch eine kostenfreie Anmeldung möglich sein.
Einen zuversichtlichen Blick auf die Transformation der Automobilbranche wirft zeitgleich zur Zukunftswerkstatt Automotive am 2. April 2025 in Coburg die Ausstellung „Futur II – Mobilität 2050 in der Metropolregion Nürnberg – Wie wir es geschafft haben werden“. Die Wanderausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museum Nürnberg entstanden und vom 8. März bis 6. April 2025 in der Herrngasse 3-5 (neben Gasthaus „Goldenes Kreuz“) in der Coburger Innenstadt zu sehen.
Die Veranstaltung in Kürze:
Zukunftswerkstatt Automotive Metropolregion Nürnberg 2025
Mittwoch, 2. April 2025
Kongresshaus Rosengarten
Berliner Platz 1
96450 Coburg
Weitere Informationen: https://www.transform-emn.de/zukunftswerkstatt/