von Karin Fraas, Dipl. Ökotrophologin
Das ist eine These, die von vielen Bloggern, Influencern und „Ernährungsberatern“ vertreten wird. Aber ist das wirklich so? Hast auch Du Dich schon mal gefragt, ob Du süchtig nach Zucker bist?
Medizinisch gesehen wird eine Substanz als abhängig/süchtig machend eingestuft, wenn sie
• langfristig chemische Veränderungen im Gehirn auslöst
• einen extremen Zwang zum Konsum verursacht
• ein Toleranzlevel entsteht und
• eine Abhängigkeit zustande kommt, durch die Entzugssymptome auftreten können.
Zucker aktiviert das Belohnungszentrum und genau wie beim Drogenkonsum wird das Hormon Dopamin ausgeschüttet (das Belohnungszentrum wird übrigens auch stimuliert, wenn man Kätzchen und kleine Hunde streichelt).
Evolutionswirtschaftlich ergibt es Sinn, dass wir ein Bedürfnis nach Nahrung haben, wir brauchen sie zum Überleben. Gelüste sind außerdem etwas anderes als Sucht. Es kann uns nach Zucker gelüsten, weil er eine schnelle, bequeme Energiequelle ist und unser Gehirn nach Glucose (die kleinste Zuckereinheit) verlangt.
Das bedeutet aber nicht, dass wir abhängig davon sind, im Sinne von drogenabhängig. Unterzuckerung und Heißhunger auf etwas Süßes sind jedenfalls nicht das Gleiche wie Entzugserscheinungen. Unterzuckerung ist ein Hinweis darauf, dass der Blutzucker absinkt, und kann behoben werden, indem man irgendetwas isst. Dabei muss es sich aber nicht um Zucker handeln.
Das ist ein großer Unterschied zu einer chemischen Abhängigkeit von Drogen: In diesem Fall wird der Drang nach einer bestimmten Droge laut, und Entzugserscheinungen können auch nur dadurch beseitigt werden. Man kann Heroin-Entzugserscheinungen nicht durch ein paar Ibuprofen-Tabletten in den Griff bekommen, bei Alkoholabhängigkeit helfen auch keine Smoothies, aber der Blutzucker steigt auch nach dem Verzehr eines Steaks, obwohl das kein bisschen Zucker enthält.
Wichtig ist auch: Kokain, Heroin, Crack, Crystal Meth oder Alkohol braucht unser Körper nicht, er kommt sehr gut ohne aus. Er kommt aber nicht ohne Kohlenhydrate wie Zucker bzw. Glucose aus, ganz im Gegenteil, dieser ist lebensnotwendig und nicht „optional“. Unser Gehirn und unsere Blutkörperchen brauchen zwingend Glucose, um arbeiten zu können. Gibt man es dem Körper nicht, stellt er es aufwändig selbst her. Man kann nicht von etwas abhängig sein, was lebenswichtig ist.
Und Hand aufs Herz: Wann hast Du das letzte Mal jemanden gesehen, der sich puren Zucker in den Mund geschaufelt hat? Vermutlich nie! Was man eher miterlebt, sind Menschen, die zu viele Lebensmittel konsumieren, die einen hohen Zucker-, Fett- oder Stärkeanteil haben, wie z.B. Kuchen, Chips oder Süßigkeiten. Diese Speisen sprechen uns evolutionswissenschaftlich in besonderem Maße an, weil sie gut schmecken und energiehaltig sind. Das heißt aber nicht, dass man süchtig danach ist.
Abgesehen davon löst Zucker weder chemische Veränderungen im Gehirn aus, noch entsteht ein Toleranzlevel (man braucht einen gewissen Pegel und will immer mehr davon, um noch etwas zu spüren).
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