Handwerk bleibt optimistisch – Konjunktur in Mittelfranken

Die Herausforderungen, denen sich das mittelfränkische Handwerk gegenübersieht, sind zahlreich. Kostenexplosion bei den Energiepreisen, unterbrochene Lieferketten, Materialmangel und dann die Aussicht auf einen „Corona-Herbst“. Trotzdem betont Thomas Pirner, Präsident der Handwerkskammer für Mittelfranken: „Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, die Nachfrage ist da und die Lage stabil.“ Und auch Dr. Rainer-Johannes Wolf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, sagt: „Wir befinden uns – wie schon im Vorquartal – in einer freundlichen Erholungsphase. 83 Prozent der von uns befragten Betriebe geben ihre wirtschaftliche Situation als gut oder befriedigend an. Das ist ein stabiler Wert. Man kann also sagen: Das Handwerk zeigt sich unbeeindruckt von marktwirtschaftlichen Unsicherheiten.“

Doch der Herbst könnte spannend werden: „Besonders energieintensive Handwerker sind verunsichert. Ich habe kürzlich mit einem Metzger gesprochen, der in den vergangenen Jahren bereits rund eine Million Euro in seinen Betrieb investiert hat. Seine Energiekosten könnten, wenn sich die Lage gemäß den Voraussagen entwickelt, trotzdem von 45.000 auf bis zu 130.000 Euro steigen. Viel Potential für Gegenmaßnahmen gibt es aber nicht mehr. Das geht an die Existenz“, berichtet Thomas Pirner. Und wie diesem Nürnberger Metzger geht es vielen energieintensiven Handwerken. Rainer Wolf zitiert in diesem Zusammenhang aus einer Studie des ZDH, der zufolge 50 Prozent der befragten Handwerker in den vergangenen fünf Jahren bereits in energetische Maßnahmen investiert haben, gerade investieren oder in den nächsten fünf Jahren investieren werden. Hauptgrund für diese Maßnahmen waren die Kostensteigerungen. Diejenigen, die nicht investierten, gaben als Grund an, dass es nicht wirtschaftlich sei. Trotz all´ der existierenden Fördermaßnahmen. Warum ist das so? Rainer Wolf: „Es gibt zu viele Förderprogramme, sie sind zu komplex, die Zuständigkeiten zwischen Bund und Land sind oft nicht klar und letztendlich passen sie auch nicht auf die Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Betriebe. Hier muss die Politik nachbessern.“ Er empfiehlt: „Wenn neue Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, muss das Handwerk berücksichtigt werden.“ Denn auch, wenn die Stimmung im Moment noch gut ist, „dunkle Wolken“ machen die beiden durchaus am Horizont aus: „Schwierigkeiten bereiten dem Handwerk die Unterbrechung der Lieferketten. Das führt zu Materialmangel in einigen Bereichen. Es gibt keine Wärmepumpen mehr, Kabelbäume oder Metalle wie Aluminium und Stahl. Viele Betriebe müssen im Einkauf auch mit Tagespreisen arbeiten. So wird es schwierig, vernünftige Angebote zu erstellen. Mittlerweile hört man oft: Wir können Ihren Auftrag annehmen, aber wir können Ihnen den finalen Preis nicht nennen“, berichtet Thomas Pirner. Die unterbrochenen Lieferketten und der Ukraine-Krieg führen in manchen Bereichen zum Produktionsstopp. Der Preis für Baustahl stieg um 70 Prozent, der für Bitumen um 60 Prozent und seit Jahresbeginn sind sogar die Bäcker mit Tagespreisen für Mehl konfrontiert. „Im Moment werden diese Kosten aber noch nicht an die Verbraucher weitergegeben“, sagt Rainer Wolf. Mehrere Gründe spielen für die Zurückhaltung der Handwerker eine Rolle: „Ein Bäcker, der seit Jahresbeginn mit Tagespreisen bei Mehl konfrontiert ist, hat dennoch nicht die Möglichkeit, täglich seine Preise anzupassen.“ Denn: „Es ist sehr diffizil, aufgrund der Unsicherheit bei den Konsumenten mit höheren Preisen auf den Markt zu kommen und diese auch durchzusetzen.“ Außerdem sind die Betriebe bei laufenden Projekten an bestehende Verträge gebunden. „Wir haben aktuell fast 18 Wochen Vorlauf im Bauhauptgewerk“, führt Rainer Wolf aus. „Und diese Wartezeiten für den Kunden könnten sich sogar noch verlängern, denn zur Bearbeitung der Aufträge braucht es Fachkräfte und es gibt erhebliche Schwierigkeiten, alle Ausbildungsplätze im Handwerk zu besetzen – allein in Mittelfranken gibt es aktuell noch rund 1.000 offene Lehrstellen für dieses Ausbildungsjahr“, appelliert Thomas Pirner. Und auch Rainer Wolf zeigt noch einmal auf die Zahlen: „82,3 Prozent der mittelfränkischen Handwerksbetriebe erwarten trotz allem eine verbesserte oder gleiche Geschäftslage. Schon während der Finanz-, der Flüchtlings- und der Coronakrise hat das Handwerk bewiesen, dass es der Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft ist und damit ein zuverlässiger Arbeitgeber. Also? Bewerbt euch!“ 

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